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Chondro-Mythen

„Chondros sind schwierig zu halten, setzen viel Erfahrung  voraus und sind für Anfänger nicht geeignet.“



Grundsätzlich ist der Grüne Baumpython nicht schwieriger zu halten als viele andere Riesenschlangen wie z.B. Königspython, Boa constrictor oder Teppichpython. Er zeigt allerdings gewisse Besonderheiten in den Haltungsbedingungen, die verstanden und sorgfältig eingehalten werden müssen, damit die Tiere gut gedeihen. Insofern ist der Aufwand für die Betreuung sicher etwas grösser.

Ich halte nicht viel vom Konzept, dass man sich von einer Kornnatter via Constricor oder Regius und möglichst noch einer Spilota zum Chondro hocharbeiten soll, da diese Tiere andere Haltungsbedingungen brauchen und andere Bedürfnisse haben.
Greg Maxwell bringt es in seinem Buch auf den Punkt wenn er fragt: „Sind Chondros für dich geeignet?“ Er meint damit, dass ein erfolgreicher Chondrohalter gewisse Charaktereigenschaften wie die Bereitschaft zu lernen, Beobachtungsgabe und Zuverlässigkeit mit einem Hang zum Perfektionismus mitbringen sollte. Diese Eigenschaften sind eine Grundvoraussetzung und auch nicht durch den Umgang mit anderen Schlangen wirklich zu lernen.
Oder wie es Trooper Walsh, einer der Altmeister der Chondrohaltung und -zucht, einmal formulierte: „Chondros sind nicht für Jedermann“.

Ich selbst habe 2005 mit Chondros begonnen und vorher nie ein anderes Reptil betreut. Entscheidend ist eine seriöse Vorbereitung durch sorgfältige Lektüre eines der beiden Standardwerke (vgl. Literaturverzeichnis). Zumindest in der Anfangsphase ist zusätzlich ein erfahrener Chondro-Halter als Ansprechpartner von Vorteil, allenfalls kann diese Funktion auch von kompetenten Teilnehmern eines guten Internet-Forums übernommen werden.

„Chondros sind äusserst aggressiv und bissig“

Dieses Vorurteil stammt aus der Zeit, als die meisten Chondros noch Wildfänge waren. Tatsächlich sind die meisten heutigen Nachzuchten tagsüber relativ ruhig und gut handelbar. Arus und Sorongs gelten als besonders gutmütig, Biaks dagegen als eher aggressiv.
Natürlich gibt es grosse individuelle charakterliche Unterschiede und auch immer wieder einzelne Tiere jeglicher Lokalität, die sich überhaupt nicht anfassen lassen.

M. viridis hat ein beeindruckendes Gebiss, das hervorragend zum Festhalten der als Futterquelle bevorzugten Nager geeignet ist. Vögel dagegen werden eher selten erbeutet. Die Zähne stehen bezüglich Länge auch durchaus nicht hinter denjenigen von Corallus caninus (Grüne Hundskopfboa/Grüner Hundskopfschlinger) zurück, wie das oft behauptet wird. Die untenstehenden Bilder veranschaulichen dies sehr schön:




















„Da Chondros Baumschlangen sind, brauchen sie ein möglichst hohes Terrarium“

Diese sehr verbreitete Auffassung stützt sich u.a. auf  das veraltete Gutachten „Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien“ der deutschen „Sachverständigengruppe tierschutzgerechte Haltung von Terrarientieren“ vom 10. Januar 1997 (vgl. S. 25 ff.). Darin wird für „Chondropython (Baumpythons)“  ein Richtwert von 0,75 x 0,5 x 1,5 (L x B x H) mal die Körperlänge angegeben, wobei die Maximalhöhe auf 2,0 m begrenzt ist. Dieser Richtwert ist zwar rechtlich nicht bindend, aber in Deutschland orientieren sich Amtstierärzte und Gerichte offenbar oft daran.

In der schweizerischen Tierschutzverordnung (TSchV) (Stand 10.03.2015) fehlen explizite Bestimmungen zu Morelia viridis. Es wird allerdings immer wieder davor gewarnt, dass bei kantonstierärzlichen Kontrollen absolut willkürliche Analogieschlüsse zu anderen, im Anhang der TSchV aufgeführten Schlangenarten gezogen werden könnten, die dann zu ähnlich exorbitanten Höhenanforderungen führten.

Im Gegensatz dazu raten die meisten kompetenten Fachexperten von zu hohen Terrarien ab, da sie sogar einer artgerechten Haltung im Wege stehen können.

In einem ausgezeichneten Gutachten von 2003 nimmt Dr. Guido Westhoff, Biologe an der Universität Bonn, zu dieser Problematik Stellung. Er beschäftigt sich beruflich und privat seit über 30 Jahren mit der naturnahen Haltung von Schlangen und ist inzwischen Kurator des Tropen-Aquariums Hagenbeck in Hamburg.

Westhoff Gutachten.pdf

„Chondros sitzen immer am höchsten Punkt eines Terrariums. Wenn das Terrarium ausreichend hoch ist, gehen sie nicht zum Boden“

Chondros halten sich dort auf, wo sie die für sich besten Bedingungen vorfinden. Priorität hat dabei das Bedürfnis nach Sicherheit, das am besten mit einer gut strukturierten Umgebung mit genügend Versteckmöglichkeiten hinter/unter Pflanzen befriedigt werden kann. Ist dies nicht gegeben, suchen die Tiere Sicherheit und Sichtschutz möglichst nahe unter der Terrariendecke und nehmen dabei auch suboptimale Temperaturbedingungen in Kauf.
In ihrem natürlichen Habitat werden sie auch oft am Boden angetroffen (vgl. Switak). Gerade in sehr hohen Terrarien vermeiden sie diesen, wenn es ihnen bei fehlender Bodenheizung dort zu kalt ist.

„Zur Geschlechtsbestimmung braucht es eine Sondierung“

Gemäss allgemeiner Lehrmeinung sollten Chondros unter einem Jahr resp. unter 100 g nicht sondiert werden, da  junge Tiere äusserst fragil und leicht verletzbar sind. Eine durch solche Manipulationen verursachte Wirbeldislokation oder Infertilität kann erst nach mehreren Jahren manifest werden.

Persönlich bevorzuge ich die Bestimmung des Geschlechtes durch Beobachtung:
Im Alter von 18-24 Monaten beginnen die meisten Männchen mit Beginn der Pubertät regelmässige Fresspausen einzulegen, die locker 3-12 Monate dauern können und zeigen Phasen, in denen sie nachts ruhelos umherwandern.
Weibchen dagegen fressen ausser vor der Häutung und während des Follikelwachstums/der Trächtigkeit eigentlich immer und bewegen sich kaum, entsprechend nehmen sie rascher an Gewicht zu und werden schwerer. Ein Tier über 1000 g ist mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Weibchen, wobei dies nur unter Terrarienbedingungen zutrifft. In freier Wildbahn bestehen keine geschlechtsspezifischen Grössenunterschiede (Wilson, 2011).

Ab der Pubertät beginnen Männchen Spermapfropfen zu bilden, die an der abgestossenen Haut im Kloakenbreich anhaften. Diese sind nicht immer vorhanden, aber ein sehr zuverlässiges Merkmal, wenn sie einmal da sind. Man darf sie allerdings nicht mit ähnlichen Anhängseln verwechseln, die auch bei Weibchen auftreten können, diese sind aber kürzer und pyramidenförmig.


Dieses Vorgehen zur Geschlechtsbestimmung durch Beobachtung  fand in der Literatur bisher kaum Erwähnung, wird im Buch von Hoffmann/Motz jetzt aber bestätigt. Auch kenne ich Züchter in den USA, die ähnlicher Meinung sind.


Bei allen meinen 8 adulten Tieren ist eine Geschlechtsbestimmung mit diesen Merkmalen problemlos möglich. Bei 5 davon wurde bisher die Richtigkeit durch Nachzuchten  bestätigt.


Eine Sondierung dagegen halte ich für nicht so zuverlässig, ohne jetzt konkrete Zahlen zu kennen. Im "Morelia Viridis Forum" habe ich aber schon etliche Berichte gelesen über Tiere, deren durch Sondieren bestimmtes Geschlecht sich im Nachhinein als falsch erwiesen hat. Gerade kürzlich wurde von einem Chondro berichtet, der 4x von angeblich erfahrenen Tierärzten und Züchtern als Weibchen sondiert wurde und inzwischen Nachwuchs mit einem anderen Weibchen zeugte.



Morelia viridis

Corallus caninus

Bilder aus „Kivit/Wiseman: Grüner Baumpython und Grüne Hundskopfboa”

(vgl. Literaturverzeichnis). Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des

Kirschner & Seufer Verlages.


Auch wenn Bissverletzungen durch Chondros recht unangenehm sein können, konnte ich bisher noch nie eine Infektion beobachten.  Dies im Gegensatz zu Katzenbissen, die ähnlich feine und tiefe Stichkanäle verursachen und oft schwerwiegende Infektionen zur Folge haben. Es scheint, dass die in der Mundflora von Chondros enthaltenen Bakterien für den Menschen wesentlich weniger pathogen sind.

Ich habe das Glück, dass alle meine Tiere dem Sorong-Cliché entsprechen und Besucher sind immer wieder erstaunt, wie problemlos sich meine Tiere aus dem Terrarium nehmen lassen, wobei ich dies möglichst auf ein Minimum beschränke, v.a. um sie zu photographieren und zu wägen.